Rezension: Geisternächte von André Mumot

Die erfolglose Schauspielerin Kathi Bechstein verdient mit spiritistischen Sitzungen ihr Geld. Als die zehnjährige Sophie vor ihrer Tür steht und sie bittet, mit ihrem ermordeten Bruder in Kontakt zu treten, hat Kathi Bedenken, schließlich ist alles nur Show. Aus Geldnot geht sie dennoch auf Sophies Bitte ein und setzt damit Ereignisse in Gang, die sie schon bald in Gefahr bringen….

Buchgedanken:

André Mumot verknüpft geschickt eine tragische Familiengeschichte mit Spannungselementen und Geistermotiven ohne an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Es geht um Familie, Verlust, Schuld und Seelenrettung. Die einzelnen Handlungsstränge sind realistisch und fesselnd und ergeben am Schluss ein stimmiges Gesamtbild. Die Charaktere sind ungewöhnlich und authentisch. Sophie ist ein kluges und introvertiertes Mädchen, das trotz Glasauge mehr sieht als andere. Kathi ist eine rationale und kühle Figur, die jedoch aus Sorge um ihren Bruder unüberlegte Entscheidungen trifft. Kenan ist mit seiner emotionalen und warmherzigen Art ein gelungener Gegenpol.

Fazit:

Eine spannende Geschichte mit überraschenden Wendungen, die aktuelle Entwicklungen und Mystery gekonnt vereint. Ein ungewöhnlicher Roman, der sich in keine Schublade stecken lässt, kunstvoll und fesselnd.

© Eichborn Verlag
Geisternächte ist ein Roman von André Mumot und 2018 im Eichborn Verlag erschienen.
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Rezension: Die Sonnenseite des Schneemanns von Sebastian23

Die Partygirls Luise und Caro entdecken in der U-Bahn den König aller Spießer und wetten, ob sie es schaffen, ihn aus dem Nadelstreifenanzug zu kriegen und statt dessen in einen Diskodress zu stecken. Schließlich ist Luise die selbsternannte Spießerflüsterin, doch Ian Günther ist kein leichter Fall, denn der stets korrekte Pixelmaler würde viel lieber seine Möbel mit dem Geodreieck ausrichten und den Spatzen dabei zuschauen, wie sie sich vor Langeweile von der Regenrinne fallen lassen…

Vor dem Fenster schwebte ein ungewöhnlich schönes Wetter für diese Jahreszeit und in den Regenrinnen gegenüber tanzten vor Freude darüber einige Spatzenpärchen eine flotte Runde Disco Fox.

Buchgedanken:

Poetry Slammer Sebastian23 bürstet in seinem ersten Roman den Pygmalion-Stoff gegen den Strich und versieht das Ganze mit Ironie, Wortwitz und zahlreichen Verweisen auf Literatur und Film. Das ist gelebte Popkultur und dabei höchst unterhaltsam. Ein Roman, der Sprache zelebriert. Einerseits durch seine Figuren, denn Ian, der unübersetzbare Wörter sammelt, legt einen ungeahnten Enthusiasmus an den Tag, wenn es darum geht, sich die Umgangssprache der Partygirls anzueignen und Luise hat mehr als einen denkwürdigen Ausspruch zu bieten.

Sie sprang generell lieber in Laubhaufen, als ein Blatt vor den Mund zu nehmen

Andererseits durch den Wortwitz, die sprachlichen Bilder und den gewandten Ausdruck, die die Liebe zur Sprache offenbaren und so manchen Satz lange nachklingen lassen.

Und selbst in einer Metropole wie seiner Heimatstadt gab es eben Stadtteile, die sich am frühen Abend scheinbar verschlafen die Passanten aus dem Fell kämmten und zur Ruhe gingen.

Fazit:

Eine moderne Liebesgeschichte zweier Außenseiter, warmherzig, unterhaltsam und zuweilen herrlich skurril, die mit originellen Figuren, schrägem Humor und wunderbarem Wortwitz überzeugt.

© Lektora Verlag
Die Sonnenseite des Schneemanns ist ein Roman von Sebastian23 und 2018 im Lektora-Verlag erschienen.
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Rezension: Halbschwergewicht von Edgar Rai

Über drei Jahre saß der Boxer Lucky im Gefängnis für einen Mord, den er nicht begangen hat. Als er aus der Haft entlassen wird, will er um jeden Preis herausfinden, wer ihn damals gelinkt hat und ob seine Frau Yvonne davon wusste oder ihn für einen Mörder hält. Doch die Vergangenheit holt Lucky schneller ein, als ihm lieb ist, denn als er seinen alten Trainer aufsucht, wird dieser vor seinen Augen erschossen und Lucky ist der einzige Verdächtige…

Das Leben, das du heute nicht lebst, wird für immer ungelebt bleiben. Wie konnte etwas für immer sein, wenn es sowieso nur das Jetzt gab? Lucky kann die Bedeutung dieses Satzes nicht richtig greifen, aber er spürt die darin enthaltene Aufforderung: dass man so tun soll, als gebe es kein Morgen und dann merkt man schon, worauf es ankommt.

Buchgedanken:

Edgar Rai erzählt die elektrisierende Geschichte eines Mannes, der von allen unterschätzt wird, aber ein klares Ziel vor Augen hat, das er gegen alle Widerstände verfolgt. An der Seite von Lucky streift der Leser durch Berlin, lernt die schillernde Seite des Boxgeschäftes ebenso kennen wie das raue Millieu, immer getrieben von der Suche nach der Wahrheit. Ein rasanter, origineller und spannender Roman, der stets den richtigen Ton trifft und den Leser wie im Fieber durch die Seiten jagt. Zeit zum Durchatmen lässt Edgar Rai kaum, flechtet scheinbar beiläufig humorvolle Szenen und Lebensweisheiten ein, während der Leser sich noch von der Brutalität des Geschehens erholt.
Boxer Lucky kennt die Licht- und Schattenseiten des Lebens, ein rauer Einzelgänger, der sich zuweilen nicht besonders clever anstellt, aber zu überraschen vermag. Eine vielschichtige Figur, die den Leser, trotz der Rohheit und Ambivalenz, von Anfang an für sich einnimmt, so dass man die Geschehnisse gebannt verfolgt und auf einen guten Ausgang hofft.

Fazit:

Ein spannender und temporeicher Roman, schonungslos realistisch und mitunter brutal, der dank der originellen Geschichte und des treffenden Schreibstils auf ganzer Linie überzeugt.

© Piper Verlag

Halbschwergewicht ist ein zeitgenössischer Roman von Edgar Rai und 2018 im Piper Verlag erschienen.
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