Rezension: Die Romanfabrik von Paris von Dirk Husemann

Paris 1850. In der Romanfabrik von Alexandre Dumas schreiben siebzig Angestellte die beliebten Folgen von Die drei Musketiere und Der Graf von Monte Christo, die als Fortsetzungsgeschichten die Zeitungsleser begeistern. Doch im jüngsten Werk ist etwas faul zwischen den Zeilen, denn es ist gespickt mit Staatsgeheimnissen. Um seinen Ruf zu retten, muss sich Dumas ausgerechnet mit seiner größten Kritikerin verbünden: der deutschen Lehrerin Anna Moll, die ihn wegen freizügiger Texte angezeigt hat.

Buchgedanken:

Dirk Husemann verwebt wahre Begebenheiten mit Fiction zu einem unterhaltsamen historischem Roman. Sein Dumas ist ein charismatischer Lebemann, der aufgrund seiner Hautfarbe um gesellschaftliche Anerkennung kämpft. Ein wahrer Künster, kreativ und unbändig. Ihm zur Seite steht Anna, eine starke Frau, die trotz Behinderung mutig für ihre Überzeugung eintritt. Eine sehr sittenstrenge Figur, die über ihren eigenen Schatten springen muss, als es darum geht, einen gemeinsamen Gegner zu bekämpfen.

Paris war die Hauptstadt des Gestanks und die Heimat der Duftwässer


Neben der Gegensätzlichkeit der Figuren, sorgen ein geheimnisvoller Widersacher und wechselnde Schauplätze für spannende Unterhaltung. Die Reise führt von Paris über London nach Sankt Petersburg und ist so lebendig und mit viel Hintergrundwissen beschrieben, dass man das Gefühl hat, inmitten eines Abenteuers der Musketiere zu sein.

Fazit:

Ein humorvolles und spannendes Abenteuer mit viel Liebe zum Detail erzählt, wendungsreich, stimmungsvoll und rasant. Allerdings sollte man Dumas’ Romane kennen und mögen, sonst könnte es aufgrund der vielen Zufälle, Überraschungen und Anspielungen eine durchaus anstrengende Lektüre sein.

© Lübbe
Die Romanfabrik von Paris ist ein historischer Roman von Dirk Husemann und 2020 im Lübbe Verlag erschienen.

Weitere Meinungen zum Buch….

Bücherkessel

Circlestones Books

8

Rezension: Die Gefangene von Golvahar

Soraya ist die Zwillingsschwester des jungen Schahs, doch sie lebt im Palast wie eine Gefangene, denn nur so kann sie ihr Geheimnis verbergen: Durch ihre Adern fließt Gift und ihre Berührungen sind tödlich. Soraya wurde alles tun, um den Fluch zu brechen, doch damit bringt sie ihre Familie und ihr Volk in große Gefahr…

Wenn Sie auf dem Dach des Golvahar-Palastes stand, konnte Soraya fast glauben, dass sie tatsächlich existierte

Buchgedanken:

Melissa Bashardoust verknüpft Märchenelemente mit persischen Mythen zu einer einzigartigen und geheimnisvollen Geschichte. Soraya lebt im Verborgenen, doch sie ist keine hilflose Prinzessin, denn ihr Fluch gibt ihr die Macht über Leben und Tod. Eine Macht, die sie sich nicht eingestehen will. Statt dessen schämt sie sich für ihren Fluch, leidet unter der Einsamkeit und sehnt sich nach Nähe. Ihre innere Zerrissenheit, ihr Neid auf das Glück anderer Menschen und ihr unbändiger Wunsch den Fluch loszuwerden sind nachvollziehbar und machen sie zu einer starken und sehr menschlichen Figur. Bisher hat sie ihr Schicksal erduldet, doch als sich die Möglichkeit bietet, den Fluch zu brechen, zeigt sich, wie weit sie bereit ist zu gehen.

Sie hatte genug Märchen gelesen, um zu wissen, dass die Prinzessin und das Ungeheuer niemals dieselbe Person waren

Die Geschichte ist fantasievoll, spannend und sehr gut durchdacht, so dass sie einen immer wieder aufs Neue überraschen kann. Zwar gerät die Handlung im Mittelteil etwas ins Stocken, doch die Spannung bleibt bis zum Schluss erhalten, dazu tragen auch die interessanten Nebenfiguren, das undurchschaubare Geflecht aus Geheimnissen und Intrigen und die märchenhafte Atmosphäre bei.

Fazit: 

Die Gefangene von Golvahar ist ein spannendes und märchenhaftes Abenteuer ab 13 Jahren. Geheimnisvoll, wendungsreich und dezent romantisch.
© Thienemann
Die Gefangene von Golvahar ist ein Fantasyroman von Melissa Bashardoust, übersetzt von Inge Wehrmann und 2020 im Thienemann Verlag erschienen.

Stimmen aus der Nachbarschaft:

Süchtig nach Büchern
Büchersalat
Gedanken-Vielfalt
8

Rezension: Mentira von Christina Hiemer

Melia ist Mitglied der Ruinia und lebt in Mentira, dort sind Lügen seit jeher verboten. Als Melia einen wichtigen Auftrag bekommt, gerät das Vertrauen in ihre Schwesternschaft ins Wanken. Sie nimmt all ihren Mut zusammen und flieht. In Sombra, der Schattenstadt, erhofft sie sich Antworten zu finden…

Mentira ist eine düstere und spannende Geschichte voller Gegensätze – Wahrheit und Lüge, Hass und Liebe liegen dicht beieinander. Die mittelalterlich anmutende Welt ist anfangs schwer zu durchschauen, auch die Schwesternschaft und die Gepflogenheiten in Sombra geben Rätsel auf. Es ist ein Geflecht aus Geheimnissen, Lügen und Intrigen, das sich nur schwer entwirren lässt. Die Geschichte hat zu Beginn ein paar Längen, wird aber zunehmend spannender und die Perspektivenwechsel geben eine zusätzliche Dynamik und offenbaren einen anderen Blickwinkel auf das Geschehen. Melia ist eine sympathische Protagonistin, mitunter aber etwas naiv, sie handelt oft impulsiv und ist sich den Konsequenzen oftmals nicht bewußt. Alles in allem ist der erste Band der Dilogie eine spannende, wendungsreiche und atmosphärische Geschichte mit einem Hauch Romantik, die mit einer geheimnisvollen Welt, einer konfliktgeladenen Handlung und interessanten Charakteren für gute Unterhaltung sorgt.

In Melia erwachen unheimliche Kräfte, die sie weder erklären noch kontrollieren kann. Um herauszufinden, welche düsteren Mächte ihre Welt in den Abgrund zu reißen drohen, müssen Melia und Jaron den gefährlichen Weg in die Stadt der Verstoßenen auf sich nehmen …

Mentira 2 ist eine spannende Mischung aus Fantasy und Dystopie und ein gelungener Abschluss der Dilogie. Im zweiten Band wechselt der Schauplatz und die düstere Atmosphäre verdichtet sich, wirkt streckenweise apokalyptisch, denn der Weg nach Sedimento steckt voller Gefahren und zeigt das ganze Ausmaß der Katastrophe. Melia ist an den Ereignissen gewachsen und wirkt nicht mehr so naiv wie im ersten Band. Sie kämpft mit den unheimlichen Kräften, die in ihr erwacht sind und scheint vom Auge von Sombra beeinflusst zu sein, dennoch ist sie im Verlauf der Handlung nicht so präsent und aktiv, wie man es von einer Protagonistin erwarten würde.
Die Handlung ist wendungsreich und spannend, man gewinnt mehr Einblicke ins Weltgefüge und einige Geheimnisse werden gelüftet. Mitunter verliert sich Christina Hiemer jedoch in Beschreibungen, zudem haben sich kleinere Logikfehler und Handlungslücken eingeschlichen. Nichtsdestotrotz ist Mentira eine düstere, fantasievolle und spannende Geschichte mit einer Prise Romantik, die mit einer dystopischen Welt, dunklen Mächten und aufwühlenden Ereignissen für spannende Unterhaltung sorgt.

Mentira ist ein Fantasyroman von Christina Hiemer und 2019 bei Impress erschienen. Band 2 ist 2020 ebenfalls bei Impress erschienen.
11