Krimi-Auszeit: Tiefer denn die Hölle

Liebe Spannungsleser,

am 21. Dezember 2018 schließt die Zeche Prosper-Haniel, das letzte aktive Steinkohlenbergwerk im Ruhrgebiet. Damit geht eine Ära zuende, denn die Region war über ein Jahrhundert auf die Kohleförderung ausgerichtet. Als Kind des Ruhrgebiets war ich mehr als einmal unter Tage und erinnere mich noch gut an die erhabene Stille, die Wärme und das beklemmende Gefühl, das sich zwangsläufig einstellt, sobald man in den Grubenbau gelangt. Eine klaustrophobische Atmosphäre, die Peter Gallert und Jörg Reiter in ihrem Kriminalroman sehr gut widerspiegeln: Polizeiseelsorger Martin Bauer wird zu einem Einsatz in einem stillgelegten Bergwerk gerufen. Dort wurde eine mit Honig übergossene Leiche gefunden. Sein Amtskollege Polizeidekan Rüdiger Vaals sollte die Betreuung vor Ort übernehmen, hat jedoch beim Anblick der Leiche einen Herzinfarkt erlitten. Kannte er den Toten? Während Vaals im Krankenhaus liegt, geht Bauer der Sache nach…

Tiefer denn die Hölle überzeugt mit einem spannenden Kriminalfall und sympathischen Ermittlern. Martin Bauer und Verena Dohr sind Figuren mit Ecken und Kanten, Bauer überschreitet gerne einmal seine Kompetenzen und Dohr muss sich gegen intrigante Kollegen behaupten, beide haben private Probleme, die jedoch nicht überhand nehmen oder den Kriminalfall in den Hintergrund drängen. Die Ermittlungen sind realitätsnah und nachvollziehbar, der Kriminalfall ist packend und wird schlüssig aufgelöst.

Fazit: Ein spannender und gut komponierter Krimi mit vielschichtigen Figuren und interessanten Schauplätzen.

⭐⭐⭐⭐ – Reise

©️ Ullstein Verlag

Tiefer denn die Hölle ist ein Kriminalroman von Peter Gallert und Jörg Reiter, 2018 erschienen im Ullstein Verlag und der zweite Fall für Martin Bauer.

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Rezension: Nachtwild von Gin Phillips

»Wenn sie uns umbringen, kommt unser Körper dann in den Himmel? « »Die Seele kommt in den Himmel.« »Achja« haucht er.

Joan verbringt den Nachmittag mit ihrem vierjährigen Sohn Lincoln im Zoo. Als sie sich auf dem Weg zum Ausgang befinden, fallen plötzlich Schüsse, Menschen liegen regungslos am Boden. Joan und ihr Sohn können der Situation ungesehen entkommen und verstecken sich in einem leeren Gehege. Doch die Gefahr ist noch nicht gebannt, denn der oder die Täter machen sich auf die Suche nach Überlebenden…

Buchgedanken:

Gin Phillips hat einen packenden Roman geschrieben über eine Mutter, die in einer lebensbedrohlichen Situation das Wohlergehen und die Bedürfnisse ihres Sohnes über alles stellt. Für einen Thriller fehlt es der Geschichte an atemloser Spannung, da sich Hauptfigur Joan zuweilen in Erinnerungen und Reflexionen verliert. Zudem wurde das Potential des Schauplatzes nicht ganz ausgeschöpft, bedrohliche Begegnungen mit Tieren bilden die Ausnahme, die gespenstische Atmosphäre eines Zoos bei Nacht schimmert nur gelegentlich durch, dafür findet sich Joan zu gut auf den dunklen Wegen zurecht. Dennoch ist Nachtwild eine spannende und nervenaufreibende Geschichte, denn die Angst von Joan ist spürbar. Ihre Anstrengung, die Fassung zu bewahren und ihre Bemühungen, ihr Kind, das sie durch eine unbedarfte Handlung in Gefahr bringen könnte, ruhig zu halten, zerren an den Nerven und tragen ebenso zur Spannung bei, wie die unbekannte Bedrohung durch die Täter.

Fazit:

Ein spannender Roman mit kleineren Logiklücken, der sein Potential nicht ganz ausschöpft, aber dennoch mit einer nervenaufreibenden Story für packende Lesestunden sorgt.

©️ dtv Verlag

Nachtwild ist ein Thriller von Gin Phillips, übersetzt von Susanne Goga-Klinkenberg und 2018 beim dtv erschienen.

 

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Fernweh-Freitag: Höllenjazz in New Orleans

Liebe Buchreisende,

in dieser Woche geht es nach New Orleans im Jahre 1919 – damals wie heute eine lebendige Jazz-Metropole: Eine Mordserie versetzt die Stadt in Angst und Schrecken. Der Mörder tötet seine Opfer mit einer Axt und hinterlässt Tarotkarten als Markenzeichen. Detective Michael Talbot ist mit dem Fall betraut und steht unter großem öffentlichen Druck. Der ehemalige Polizist Luca D’Andrea sucht im Auftrag der Mafia ebenfalls nach dem Axeman. Und Ida, die Sekretärin der Pinkerton Detektivagentur, sowie der Journalist James Riley gehen eigenen Spuren nach. Als sie der Identität des Axeman näherkommen, fordert der Killer die Bewohner von New Orleans heraus:

Spielt Jazz – sonst komme ich, um euch zu holen….

Ray Celestin verbindet in seinem Debütroman gekonnt Fakten mit Fiktion und zeichnet ein stimmungsvolles und authentisches Bild New Orleans in den 20er Jahren, ein Schmelztiegel der Kulturen, geprägt von Jazz, Korruption und Rassismus. Dem Kriminalfall diente eine der geheimnisvollsten Mordserien der amerikanischen Kriminalgeschichte als Vorlage, dieser wird aus vier unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet, wodurch sich ein interessantes Gesamtbild ergibt. Jedoch verliert der Roman durch den häufigen Wechsel der Perspektive an Spannung, zudem legt Celestin das  Hauptaugenmerk auf das Privatleben der Protagonisten und das Leben in New Orleans, wodurch der Kriminalfall in den Hintergrund rückt.

Fazit: Ein stimmungsvoller Roman mit einer gelungenen Mischung aus Fakten und packender Fiktion, streckenweise etwas langatmig geraten, aber durchaus spannend und überzeugend konstruiert.

⭐⭐⭐⭐ – Reise

© Piper Verlag

Höllenjazz in New Orleans ist ein Roman von Ray Celestin, übersetzt von Elvira Willems und 2018 im Piper Verlag erschienen.

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