Rezension: Immerwelt-Der Anfang von Gena Showalter

Die siebzehnjährige Tenley muss eine schwere Entscheidung treffen – bekennt sie sich zu Myriad, dem dunklen Reich der Schicksalsgläubigen, oder zu Troika, dem hellen Reich der Erkenntnis. Vertreter beider Reiche versuchen mit allen Mitteln, Tenley für sich zu gewinnen, obwohl ihnen nicht klar ist, warum ausgerechnet sie so wichtig sein soll…

Die zerstörerischsten und die besten Taten beginnen mit einem einzigen Gedanken. Und letztlich kann eine einzige Tat darüber entscheiden, welchen Verlauf unser Leben nimmt. Und unser Tod.

Buchgedanken:

Immerwelt beginnt rasant, ergreifend und brutal, der Leser ist mittendrin im Geschehen und versucht die Zusammenhänge schnellstmöglich zu erfassen, während er einerseits schockiert ist, wie Tenley behandelt wird und andererseits das Mädchen für seinen starken Willen bewundert. Ein hohes Tempo, das der Roman nicht über die ganze Länge halten kann, dennoch entwickelt die Geschichte einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Ähnlich wie Tenley ist der Leser hin- und hergerissen zwischen Troika und Myriad, verfolgt atemlos das Geschehen und ist mitunter sprachlos, was Tenley erleiden muss und wünscht ihre Entscheidung geradezu herbei, um dem Alptraum ein Ende zu bereiten.

Fazit:

Ein temporeicher und spannender Roman, der mit einer taffen Protagonistin, einer mitreißenden Geschichte und trockenem Humor überzeugt.

© Harper Collins
Immerwelt-Der Anfang ist ein Blanca ist ein Jugendbuch von Gena Showalter, übersetzt von Katja Henkel und 2018 bei Harper Collins erschienen.
6

Rezension: Fische von Melissa Broder

Die 39-jährige Lucy rutscht immer tiefer in eine Depression, ihr Freund hat sie verlassen und die Universität droht das Stipendium zu streichen, da sie schon seit einer Ewigkeit promoviert. Um Abstand zu gewinnen, nimmt sie das Angebot ihrer Schwester an, sich während deren Abwesenheit um das Haus in Venice Beach und den Hund zu kümmern. Doch weder eine Selbsthilfegruppe noch unzählige Dates bringen Klarheit oder Erfüllung in Lucys Leben, bis sie am Strand dem Meermann Theo begegnet…

Meine Sehnsucht musste ich anderswo ausleben, in meiner Liebe zu Sappho und dem göttlich Femininen. Ich sehnte mich danach, in einer Umarmung zu verschwinden, umsorgt, gewiegt und gehalten zu werden.

Buchgedanken:

Melissa Broder hat einen unterhaltsamen, realitätsnahen und zugleich magischen Roman über Liebe und Sexualität geschrieben. Die Geschichte einer verzweifelten und desillusionierten Frau auf der Suche nach Nähe, streckenweise recht vulgär, aber dabei so entwaffnend ehrlich und selbstironisch, dass es schon wieder komisch ist. Lucy ist eine egozentrische Protagonistin, die den Leser jedoch mit trockenem Humor und einem ungeschönten Blick auf ihre Umwelt für sich einnimmt. Ihre Einsamkeit ist spürbar und ihre Hände ringende Suche nach Zuneigung zugleich seltsam und anrührend. Gekonnt flechtet Broder die fantastischen Elemente in die Handlung ein und lässt sie dabei so alltäglich und unbedeutend erscheinen, dass man sie als gegeben akzeptiert.

Magischer Realismus
Der magische Realismus verknüpft Realität und Magie auf natürliche und selbstverständliche Weise, das Irreale wird als Realität präsentiert und als lebensecht empfunden und nicht hinterfragt oder erklärt. Entweder wird die Magie unter der Oberfläche des Alltags enthüllt oder ein magisches Ereignis geschildert. Dabei findet das magische Ereignis im Alltag statt, ist kein Traum und beruht nicht auf einer Halluzination oder Imagination.

Fazit:

Ein moderner und experimenteller Roman, der zwischenmenschliche Beziehungen schonungslos ausleuchtet. Lebensnah, emotional, manchmal befremdlich, aber stets unterhaltsam.

© Ullstein
Fische ist ein Roman von Melissa Broder, übersetzt von Eva Bonné und 2018 im Ullstein Verlag erschienen.
5

Düsteres London: Palace of Glass – Die Wächterin

Liebe Buchreisende,

mögt Ihr auch Geschichten, die bekannte Orte in einem neuen Licht erscheinen lassen? In Palace of Glass zeichnet C.E. Bernard ein düsteres Bild von London, technisch hochmodern, aber rückständig in Bezug auf das menschlichen Zusammenleben. Theatervorstellungen werden im Verborgenen abgehalten, Gesichter hinter Masken versteckt, jeder Zentimeter Haut mit Stoffen bedeckt und Körperkontakt tunlichst vermieden:

Rea Emris ist Schneiderin und nimmt heimlich an illegalen Faustkämpfen teil. Damit begibt sie sich in große Gefahr, denn die Berührung nackter Haut ist strengstens verboten, zum Schutz vor Magdalenen, die bei Berührung Gedanken lesen und verändern können. Doch Rea muss dieses Risiko eingehen, denn sie ist eine Magdalena und giert nach Hautkontakt. Als sie aufgrund ihrer Erfahrung als Straßenkämpferin zur geheimen Leibwächterin des Prinzen auserkoren wird, lebt sie in ständiger Angst, dass jemand hinter ihr Geheimnis kommt…

Palace of Glass begeistert mit einer starken Protagonistin und interessanten Nebenfiguren, einer fesselnden Geschichte und einer spannungsgeladenen Atmosphäre. Die ständige Angst vor Berührungen und Gedankenmanipulation ist ebenso spürbar wie Reas Verlangen nach Hautkontakt und die Qualen, die durch die Hautgier ausgelöst werden. Rea ist eine selbstbewußte und taffe Protagonistin, die sowohl einstecken als auch austeilen kann und der man wünscht, dass sie ihre Gabe nicht länger verstecken muss. Die Charaktere sind allesamt gut ausgearbeitet und dabei mitunter so schillernd und faszinierend, dass sie die Geschichte durch ihre bloße Anwesenheit bereichern.

Ein spannender und temporeicher Auftakt zu einer originellen Fantasytrilogie, mit überraschenden Wendungen, einer Prise Romantik und überzeugenden Charakteren. Stimmungsvoll, fesselnd und bildgewaltig. Und das Schönste ist – kein jahrelanges Warten auf die Fortsetzung. Der zweite Band ist Ende Mai erschienen und der dritte Band ist ab Mitte Juli erhältlich.

⭐⭐⭐⭐- Reise

© Penhaligon Verlag
Palace of Glass – Die Wächterin ist ein Fantasy-Roman von C.E. Bernard und der erste Teil der Palace-Saga, 2018 erschienen im Penhaligon Verlag.
6